Veranstaltungsbericht: Verfassungsreform, Nawalny, Nord Stream II – Zukunftsperspektiven der EU-Russland Beziehungen

Die aktuellen Konflikte und Bedrohungen erkennen und adressieren, Feindbilder aber vermeiden und den Dialog aufrechterhalten. Das war die wesentliche Forderung von Dr. Andreas Nick während unserer letzten Veranstaltung des Semesters.

Herr Dr. Nick während der Diskussion.

In seinem Impulsvortrag zu Beginn der Veranstaltung hat Herr Dr. Nick die Entwicklungen der EU-Russland Beziehungen in den letzten Jahren beleuchtet und dabei vor allem zwei Kerninteressen der russischen Regierung herausgearbeitet:


1. Die Sicherung einer russischen Einflusssphäre im postsowjetischen Raum.

2. Die Machtsicherung Putins und seines Umfelds.

 

Anders als im Kalten Krieg würden nicht Ideologien sondern Interessen konkurrieren. Daher sei es wichtig, einerseits den Dialog konstruktiv zu gestalten und dort wo möglich eine Zusammenarbeit anzustreben. Auch wenn das deutsch-russische Verhältnis vor dem Hintergrund der deutschen Einheit ein Besonderes sei, dürfe es dabei nicht zu einer Bilateralisierung der Beziehungen kommen: „Unser Verhältnis zu Russland darf nicht über die Köpfe der Völker in Mittel- und Osteuropa hinweg entwickelt werden – und schon gar nicht auf deren Kosten“.

 

Trotz der geäußerten Hoffnung auf Kooperation, wurde der Abend allerdings primär durch Streitfelder der letzten Jahre dominiert. So wurde im Vortrag und der anschließenden Diskussion etwa auf die Entwicklungen und Zukunftsperspektiven der Ukraine, die Resilienz unserer eigenen Gesellschaft gegen äußere Einflüsse, Nord Stream II, das Engagement der USA in Osteuropa und die Proteste in Belarus eingegangen.

 

Besonders interessant waren die Einblicke in die Zusammenarbeit mit Vertretern Russlands. Als Mitglied und Leiter der deutschen Delegation in der PV des Europarates hat Herr Dr. Nick die Diskussionen um die russische Mitgliedschaft in Folge der Ukraine-Krise hautnah miterlebt. So berichtete Dr. Nick über die Entwicklung vom Entzug des Stimmrechts der russischen Delegation über das Einstellen der Zahlungen bis zur Rückkehr der Delegation in die PV.

 

Er betonte, dass für Russland und die russische Zivilgesellschaft die Mitgliedschaft im Europarat sehr wichtig sei und z.B. über den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) Einfluss auf Angelegenheiten des Inneren der Mitgliedsländer genommen werden könne. Eine Zusammenarbeit auf Basis gegenseitigen Respekts und auf der Prinzipiengrundlage des Europarates sei durchaus möglich. Wichtig sei es, diese Plattform des Dialogs zu erhalten und den Zugang zum EGMR zu sichern.

 

In der Tat gäbe es Probleme bei der Umsetzung von Urteilen des EGMR. Mit dem kürzlich etablierten  ‘Complementary Joint Procedure‘ des Europarates werde allerdings an Wegen gearbeitet, Mitglieder gezielter für Fehlverhalten sanktionieren zu können.

 

Wir bedanken uns herzlich bei Herrn Dr. Nick für den spannenden Abend sowie die Einblicke, die er uns ermöglicht hat und freuen uns, euch im nächsten Semester wiederzusehen.