Sicherheitspolitische Reichweiten - Polizeiarbeit zwischen Lokal- und Bundesebene

Wir haben uns sehr gefreut, zu unserer Semesterabschlussveranstaltung vom 13. Februar 2020 den Leiter der Stabsstelle Öffentlichkeitsarbeit der Polizei Freiburg, Herrn Martin Lamprecht, bei uns begrüßen zu dürfen. Herr Lamprecht hat in seinem Vortrag „Wie rettet man ein Idyll – Gefühle – Fakten – Maßnahmen“ die lokale Sicherheitspolitik –am Beispiel der Stadt Freiburg- beleuchtet.

Eingangs betonte der Referent seinen Willen zur kritischen Diskussion, welche sich auch an mehreren Stellen des Vortrags lebhaft entwickeln sollte. Indem er kurz seinen Werdegang darstellte, zeigte er, dass er verschiedene Aspekte von Polizeiarbeit persönlich kennengelernt hat und beurteilen kann.

Um den groben Rahmen seiner Arbeit darzulegen, hob Herr Lamprecht das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung als ein zentrales Beurteilungskriterium erfolgreicher Polizeiarbeit hervor. Dieses korreliere allerdings oft nicht mit der Statistik. Auch finde in der Öffentlichkeitsarbeit unvermeidbar eine Politisierung der Polizei durch die jeweilige Regierungspartei, aber auch die Informationsauswahl bei der Berichterstattung statt. Als Mittel der direkten Kommunikation mit Bürgern haben sich Facebook und v.a. Twitter bewährt. Das Einzugsgebiet Freiburgs sei sehr groß und habe eine breite sprachliche Vielfalt zu bieten.

Anhand einer Chronologie zeigte der Referent die Effekte, die bestimmte Vorfälle im Raum Freiburg auf das Sicherheitsgefühl hatten. 2014 habe es die erste Aufmerksamkeit durch eine Häufung an Kapitalverbrechen gegeben. 2015 sei zusätzlich noch psychisch eine Auswirkung der Kölner Silvesternacht wahrzunehmen gewesen, die zu einer zunehmenden ‚Bewaffnung‘ der Bevölkerung, beispielsweise mit Pfefferspray, geführt habe. An dieser Stelle wurde die Bedeutung der Interaktion zwischen Polizei und Kommunalpolitik zur Reaktion auf ein abnehmendes Sicherheitsgefühl hingewiesen. Maßnahmen seien beispielsweise die Stärkung der gemeindlichen Vollzugsbediensteten.

Ein Einschnitt sei im Oktober 2016 durch den Sexualmord an der Dreisam, einen Monat später gefolgt durch einen ähnlichen Fall im Einzugsgebiet, erfolgt. Als Reaktion sei es zu öffentlichen Diskussionen über Bürgerwehren und ein fragliches Versagen der Polizei gekommen. Weitere wichtige Ereignisse seien der Staufener Missbrauchsfall und die Gruppenvergewaltigung im Oktober 2018 mit den darauf folgenden Demonstrationen und Gegendemonstrationen gewesen.

Herr Lamprecht betont den Unterschied zwischen einem grundsätzlich erhöhten Risiko im Stadtgebiet und „No-Go-Areas“. Im Vergleich zu z.B. Berlin würden derartige Vorfälle durch den Kontrast zum eigentlich friedlichen Umfeld mehr Bedeutung erhalten. Der Auftrag der Polizei sei es, die Versammlungsfreiheit und körperliche Unversehrtheit von Bürgern zu schützen, unabhängig von der eigenen politischen Meinung.

Als Reaktion auf die Vorfälle habe man u.a. die AG „Sicheres Nachtleben“ einberufen und die Zusammenarbeit mit verschiedenen Partnern verstärkt. Letzteres sei notwendig, da Polizei opferorientiert arbeite, also die Wahrscheinlichkeit senken wolle, dass man Opfer einer Straftat wird. Beispiele von Einzelmaßnahmen seien etwa das Code-Wort „Luisa ist hier“ in Clubs, eine Sanktionsoptimierung in der Strafverfolgung durch Betrachtung des Gesamtbildes und der Aufbau von Kameras im nachtaktiven Stadtgebiet. Dabei gelte es immer zwischen „zu viel“ und „zu wenig“ Polizei sowie zwischen den Befugnissen und dem zu erwartenden Effekt abzuwiegen.

Abgerundet wurde der Abend mit einer Betrachtung der Kriminalstatistiken. Die meisten Gebiete sind rückläufig, lediglich im Bereich ‚Enkeltrick‘ sind Zuwächse zu verzeichnen.

Anmerkung: Herr Martin Lamprecht wurde als Experte zum Thema lokaler Sicherheitspolitik und Polizeiarbeit eingeladen.