Ist eine Demokratisierung der Volksrepublik China überfällig?

Am Dienstag, den 16. Juli, besuchte Dr. René Trappel die Freiburger Hochschulgruppe für Außen- und Sicherheitspolitik. Der Politikwissenschaftler, der am Lehrstuhl für Sinologie forscht, beendete das Semester mit einem Vortrag über das Thema: "Ist eine Demokratisierung der Volksrepublik China überfällig? Versuch einer Erklärung".

Nach einer kurzen Vorstellung seines Forschungsschwerpunktes ging er auf die Frage ein, warum sich China nicht demokratisiert hat. In der Politikwissenschaft gibt es die Modernisierungstheorie, dass sich ein Staat demokratisiert, sobald die Wirtschaft erfolgreich ist. Nach westlichem Maßstab wird China nicht als Demokratie charakterisiert, dabei nimmt sich die Volksrepublik China als weltweit größte Demokratie wahr, wie auch der derzeitige Vizepremierminister des Staatsrates und Ökonom Han Zheng betont, da es für die Bevölkerung diverse Partizipationsmöglichkeiten gibt. So wurden in den 1980er Jahren Dorfwahlen eingeführt, bei denen Bürgermeister und Nachbarschaftskomitees gewählt werden. Diese wählen wiederum höhere Vertretungen. Auch ist die Demokratisierung ein wichtiges Ziel in den aktuellen Fünf-Jahres-Plänen und an öffentlichen Plätzen.

 

Was macht also eine Demokratie aus und inwiefern erfüllt die Volksrepublik China die Kriterien für eine Demokratie? Dazu wurden verschiedene Demokratiedefinition vorgestellt, anhand derer eine Überprüfung Chinas möglich wird. Für die Minimaldefinition muss eigentlich nur das Kriterium von Wahlen erfüllt sein. Für andere Politikwissenschaftler gehört auch Rechtsstaatlichkeit, Gemeinwohl, Menschenrechte, der Schutz von Minderheiten usw. dazu.

 

China hat zunächst keine Wahlen auf nationaler Ebene bzw. nur Vertreterwahlen. Es gibt keine unabhängige Justiz, denn die Partei hat Einfluss auf diese, auch wenn es momentan Bemühungen einer Verrechtlichung gibt. Außerdem ist die Zivilgesellschaft nicht unabhängig, was sich bei den "NGOs" zeigt, die von der Regierung abhängig sind. Die Medien stehen unter dem Druck sich selbst zensieren zu müssen, um sich vor Fremdzensur oder einem Verbot zu schützen. Zusätzlich gibt es keine einheitliche Staatsbürgerschaft, was sich in unterschiedlichen Kranken- und Sozialversicherungen auf dem Land und in der Stadt zeigt. Dies sind kurz zusammengefasst die Hauptargumente, um China nicht als Demokratie zu bezeichnen.

 

Um zur These zurück zu kehren: Warum hat sich ein so wirtschaftlich wie erfolgreicher Staat wie China nicht weiter demokratisiert? Möglichkeiten einer Demokratisierung sind oft bei ungeordneten Machtübergängen zu beobachten. Dies ist in China nicht zu erkennen, da seit 1989 ein Übergang immer nach 2 Amtszeiten geregelt war. Daher ist China eine Ausnahme unter autoritären Staaten. Der aktuelle Staatspräsident Xi Jinping ist ebenfalls ein Sonderfall für die Volksrepublik, denn der Norm abweichend, hat er noch keinen Nachfolger präsentiert.

 

Dennoch hat China in den letzten Jahren eine enorme wirtschaftliche Entwicklung zurückgelegt. An dem dadurch entstandenen Reichtum nimmt auch die Bevölkerung Teil. Hier wird der Nationalismus stark gefördert, sowohl um die Bevölkerung zu beruhigen wie auch um sich vom Westen abzugrenzen. Darüber hinaus werden Probleme wie Korruption und Umweltschutz angegangen, so wird der Bevölkerung keine politische Angriffsfläche geboten. Schließlich gibt es noch verschiedene Möglichkeiten sich als normaler Bürger zu beschweren und Verbesserungsvorschläge zu machen; eine Methode die Unzufriedenheit der Gesellschaft so früh wie möglich wahrzunehmen und entsprechend zu reagieren.

 

Als Gegenbeispiel einer anders entwickelnden Organisationsstruktur dient vor allem Taiwan, wo 1986 erste Wahlen auf Regionalebene stattfanden und seitdem die Demokratie kontinuierlich ausgebaut wurde.

 

In der anschließenden Diskussion wurden weitere Fragen beantwortet und über die möglichen Entwicklungen Chinas diskutiert.