Rekord! Mehr als 200 Studierende beim Freiburger Vortrag "Afrika ohne Eurozentrismus"

Ein ganzes Semester lang drehte sich in der Hochschulgruppe für Außen- und Sicherheitspolitik Freiburg alles um das Thema Afrika. Zum Abschluss dieser Reihe luden wir Frau Prof. Dr. Manuela Boatca, Soziologie-Professorin an der Albert-Ludwigs-Universität, ein. Sie diskutierte mit uns über das Thema "Afrika ohne Eurozentrismus".

Die Hochschulgruppenvorsitzende Nicoletta Backhaus begrüßte eingangs die Dozentin und die mehr als zweihundert Gäste, die sich im Hörsaal eingefunden hatten. Anschließend begann Frau Boatca, die sich "sehr über diese Initiative" freute und die Arbeit der Hochschulgruppe und des BSH ausdrücklich lobte,  den inhaltlichen Verlauf des Abends mit einem Input-Vortrag. Anhand einiger Beispiele legte sie dar, worin die eurozentristische Sicht auf Afrika im Alltag deutlich und problematisch wird. Auch Alternativen hierzu zeigte sie auf.

Frau Boatca forderte von Wissenschaft und Politik, sich von "Stereotypen-Darstellungen über Charakteristiken eines Kontinents [zu] trennen". Wer über Afrika spreche, der befasse sich nicht mit einem "Kontinent, der über Stereotypen wie Armut und

Vertreibung definiert wird". Vielmehr handele "es sich nicht um eine Einheit, sondern um Menschen". Es genüge auch nicht, einzelne Ereignisse in einer bestimmten Region zu betrachten - internationale Verflechtungen über die Zeit hinweg seien für etwaige Entwicklungen verantwortlich. Dies machte Boatca am Beispiel der Versklavungen afrikanischer Menschen im Zeitraum von 1500 bis 1900 fest. Die heutige wirtschaftliche Situation vieler afrikanischen Staaten sei noch immer auf die demographische Katastrophe zurückzuführen, die durch den massenhaften Menschenraub entstanden, dem vor allem junge, arbeitsfähige Männer zum Opfer fielen. Die Kolonialisierung und Ausbeutung der Länder habe im Anschluss ihr Übriges getan. Boatca regte zu dem Gedankenspiel an, wie Deutschland etwa aussähe, wäre es selbst kolonialisiert worden.

In der anschließenden Diskussion stellte die Referentin klar, dass sie eine Sicht auf Afrika ohne europäische Perspektivierung für schwer umsetzbar und wenig gewinnbringend hält, da wechselseitige Dependenzen Realität sind. Sie regte dazu an, sich vielmehr globaler Machtverstrebungen bewusst zu werden. Als kritisches Beispiel hierfür nannte sie etwa die zahlreichen politischen Einmischungen europäischer Länder, vor allem ehemaliger Kolonialmächte, in die politischen Machtverhältnisse afrikanischer Länder im zwanzigsten Jahrhundert. Afrika sei also keineswegs nur Spielball europäischer Interessen - doch die nach wie vor vorhandenen Reichtümer sind auch weiterhin Anlass für gravierende politische Einmischungen und Beeinflussungen. Und ebenso seien die historischen Einflussnahmen europäischer Staaten auf dem Kontinent auch heute noch Ursache vieler Probleme.